Mas Doix

Aus Schiefer und Hitze

 

Das Weingut Mas Doix (sprich: dosch) gehört zur Elite des Priorats. Unser Besuch begann in den Weinreben bei annähernd 40 Grad; die über hundertjährigen, direkt nach der Reblauskatastrophe gepflanzten Reben waren beeindruckend. Kaum weniger beeindruckend war die Probe im Weingut: Sie begann mit dem zum ersten Mal vinifizierten 2018er Murmuri, ein Weißwein hauptsächlich aus Grenache. Der Wein duftete nach Salzzitrone, allgemein viel Zitrusfrucht, zeigte sich sehr frisch mit Noten von Asche. Eine leichte Bitterkeit wie bei den Weißweinen der Nordrhône kommt durch. Die Nase ist auch von Schiefer geprägt, abgerundet von einer zarten Honignote und etwas Baumrinde. Die Säure ist für einen Wein des Südens ziemlich prononciert, wir haben es mit einem sehr eleganten Weintyp zu tun. Der Einstieg in die Rotweine des Priorats machte der 2017er Les Crestes: Er verströmt viel Johannisbeere, zeigt sich sehr erdig, ja sehr eigen, leichte Zimt-Backpflaumen- und Kirschlikörnoten kommen durch. Dabei vernehmen wir wieder diese eindrückliche Schiefernase, leichte Bitterschokolade. Im Mund ist der Wein sehr zart und überraschend frisch, definiert klar, was wir von den großen Weinen dieses Produzenten zu erwarten haben. Gefolgt wird der Les Crestes vom 2016er Salanques (überwiegend Grenache, 60-80 Jahre alt), ein schon als groß zu bezeichnender Wein: Viel Bleistift dominiert die Nase, etwas Blaubeere, Maulbeere, sogar – ungewöhnlich für Rotwein – Mango. Auch vernimmt man leichte Minze, sehr tiefe Cassis, aber nicht dominant, eher wie in einem Pauillac, wieder leichte Pflaume, schwebende Mineralität, etwas Kakao. Der Wein ist seidig im Mund mit deutlicher Säure, wird mit der Zeit immer kräutriger. Aus hundertjährigen Carignan- und Grenachereben (55 zu 45 %) wird der schlicht Doix genannte Wein gekeltert. Hier sind wir also im Topsegment angekommen. Der 2015er präsentiert sich in roter, nur wenig violetter Farbe, zeigt sich in der Nase sehr warm, dunkle Zimtpflaume kommt durch, auch Kräuter der Provence. Es ist dies ein sehr mineralischer, nach Schiefer duftender Wein, sehr strukturiert, aber auch sehr elegant, später kommt schöne Sauerkirsche durch bei toller Kräuterwürze. Der 2009er zeigt dann, wo die Reise hingeht: Eine herrliche Châteauneuf-du-Pape-Aromatik macht sich breit – was bei der Rebsortenzusammensetzung kaum verblüfft –, deutliche Backpflaume, alles ist verbunden, die Mineralität perfekt integriert. Der sehr erdige und sehr elegante, ja salzige Eindruck mit Noten von Teer lässt an einen Corton allererster Güte denken. Noch ein Schritt weiter geht der 2015er 1902, ein reinsortiger Carignan, nach dem Pflanzdatum der Reben benannt: Da spielt alles zusammen, Kräuter und Schiefermineralität zeigen sich, die tiefe, irre Erdigkeit hinterlässt mich sprachlos. Mit seiner zarten Schokoladennote ist der Wein sehr schwebend, schmeckt reif und versammelt, auch Maulbeere kommt durch. Was soll das mit 10 oder 20 Jahren Flaschenreife nur werden?! Den Abschluss machte der 2016er 1903, ein reinsortiger Grenache, eben mit dem nämlichen Pflanzjahr: Er ist violetter als sein Vorgänger, kräutriger, auch hier wieder Châteauneuf-du-Pape als Pate; Kirsche und Pflaume, aber auch sehr mineralische Noten kommen durch. Der Wein ist wieder sehr warm, aber auch fein strukturiert; für mich hat allerdings der charaktervollere 1902 die Nase (und auch den Mund) vorne. Interessant fand ich die Angabe des Ertrags von 1 kg (Les Crestes) zu 250 g (1902) pro Pflanze, entsprechend 1 Rebstock (Les Crestes) bis 4 Rebstöcke (1902) pro Flasche Wein. Insgesamt fand ich die Probe eine Offenbarung, selten habe ich feinere und charaktervollere Weine probiert – gerne wieder!