Campogrande

Mehr als Krabbelgruppe

 

Als ich in Vernazza in den Cinque Terre (Ligurien) einen Weinhändler nach dem Alterungspotential der dort wachsenden Weine fragte, erhielt ich als Antwort: „Due o tre anni, ma non più.“ Dieses Kindesalter hat der 2009er Campogrande aus dem Hause Altare längst überschritten. So leuchtet er auch in goldgelb bis altgold. Zuerst strömt einem pure Salzzitrone mit leicht muffigem Beiton entgegen, dieser verfliegt allerdings mit der Zeit und wandelt sich in Meeresalgen, extreme Fichtennadelessenz sowie welkes Laub, auch etwas liegengelassener Beifuß und Kamille. Die Salzigkeit wird immer drückender, dieser Wein ist eben auf Terrassen nahe des Mittelmeers gewachsen, das lässt sich nicht mehr leugnen. Weiterhin vernimmt man kandierte Zitrone und kandierte Bitterorange, schwebende Guave, immer feiner werdend: Mandel, rauchiger Whisky, kein Gramm Fett, sondern einfach nur kristallin, der Wein strebt einem Chablis Grand Cru mit moderatem Holzausbau entgegen. Die grenzenlose Frische destilliert dieser Wein aus der Meeresnähe, ist sehr fokussiert, sehr geradeaus. Darüber hinaus kommt leichter Rosmarin durch, auch Seesand und Baumrinde – ein Wein ganz ohne Schmelz mit durchdringender, doch trotzdem nicht überspitzter, sondern fein dosierter Säure. Ganz zart getupft verspürt man Mandelgebäck, Sandteig, zum Schluss leichtfüßig (12 % Alkohol) nach Mirabellenschale, feinsaftigem weißen Pfirsich, auch Majoran sowie ganz leichte Aubergine mit etwas Knoblauch. Es ist dies ein kleiner Extremist, der beweist, dass man mit etwas mehr Dampf Großartiges aus den sonst so kurzweiligen Cinque Terre erzeugen kann.