Weingut am Stein

Fleischig wie 2015, straff wie 2013

 

 

Der 1. Mai ist in meinem Weinterminkalender fest mit dem Weingut am Stein aus Würzburg verankert. Angefangen habe ich mit den Sekten, die ich gleichauf mit Raumland, Huber, Diel und Rebholz sehe. Das erste Trio stammt aus 2015: Der Silvaner brut (18 €) ist vielleicht etwas schwächer als in den Jahren zuvor, punktet aber mit tiefer Mineralik, vor allem Feuerstein, unterlegt mit Zitrone, zeigt sich monolithisch, noch jung, dann nachverlangend am Gaumen. Der Grauburgunder brut (20 €) ist für mich eine aromatische Sensation: Cashew- und Walnuss ist ganz deutlich zu spüren, auch Apfel und etwas Brioche, der Wein ist rauchig-steinig und sehr elegant. Ebenfalls rauchig-mineralisch präsentiert sich der Pinot Rosé extra brut (25 €), hat Noten von Mirabelle, ist sehr geradeaus, hat trotzdem fein schwebenden Schmelz, ein Wein, der in dieser leider oft belächelten Kategorie Maßstäbe setzt und sich mühelos mit Huber und Rebholz messen kann, welche vielleicht mehr Volumen haben. Mit dem 2018er Pure & Naked (19 €) präsentiert das Weingut einen PetNat mit viel Traube, Pfirsich und Apfelschale, sehr primärfruchtig, lässt sich mit einem Silvaner kurz nach der Gärphase vergleichen.

 



 

Gespannt war ich natürlich auf den neuen Jahrgang 2018. Mit diesem Hintergedanken probierte ich die Gutsweine: Der Frank & Frei Secco Saignée (8,50 €) war traubig, frisch, mit etwas Muskatnoten und leichter Restsüße. Der Frank & Frei Müller-Thurgau (7,50 €) zeigte sich sehr rebsortentypisch mit Traube und Muskat, hat Volumen, ist dabei trotzdem klar. Die Weißweincuvée Helle Freude (8 €) ist überraschend mineralisch mit etwas Stachelbeere – so habe ich mir den 2018er vorgestellt, mit Volumen und trotzdem gewisser Pikanz. Der Rosamunde Rosé (8 €) gibt sich mit Aromen von Apfel und Birne wie ein Weißwein, bevor leichte Erdbeernoten durchkommen, auch hier ist das Volumen vorhanden. Die 2017er Rote Wonne (8 €) zeigt herrliche Amarenakirsche mit zartem Wildbret und guter Säure, fast ein wenig wie ein Dominawein.

 



 

Dann kamen die Ortsweine, aus 2018, soweit nicht weiter vermerkt (jeweils 10 €): Der Würzburg Silvaner präsentiert glockenklare Aromatik von Apfel und Zitronenschale, während sich das Randersackerer Pendant aus dem Jahr 2017 ultrafein gibt mit ganz zarter Apfel- und Apfelschalaromatik. Auch der Stetten Grauburgunder ist enorm fein, ja zurückhaltend mit deutlicher Mineralik sowie Noten von Nuss und Apfel. Der 2017er Stetten Riesling offenbart Brioche, Pecanuss, Mirabellenschale, einen Tick Vanille bei hoher Mineralität. Der feinherbe Randersackerer Riesling punktet mit feinem Pfirsich, etwas Ananas, ja ist trotz hoher Restsüße sehr gelungen. Eine Spur exotischer mit herrlicher Lycheefrucht, dennoch frisch und voller Spannung, zeigt sich der feinherbe Stetten Scheurebe.

 



 

Mit den Ersten Lagen (je 16 €) nähern wir uns der Spitze: Der Silvaner vom Würzburger Stein zeigt viel Apfel, auch Apfelblüte bei leichter Rauchigkeit, auch Birne ist präsent, und man vernimmt Noten von heißen weißen Steinen. Dahingegen setzt der Riesling aus der Würzburger Inneren Leiste auf enorme Kräutrigkeit bei leichten Pfirsicharomen – hier zeigt sich wieder die perfekte Symbiose von Volumen und Finesse. Im 2016er Würzburger Innere Leiste Spätburgunder bemerkt man sofort eine feine rauchige Kirschfrucht, der Wein ist ganz auf Finesse gemacht – einem Merkmal dieses großen Rotweinjahrgangs –, ist weich und trotzdem spannungsgeladen mit feiner Kräutrigkeit und einem Tick Vanille.

 



 

Schließlich die Montonia-Weine: Der 2017er Weißburgunder (Magnum: 49 €) zeigt Stachelbeere, ist leicht grünlich, ein schlanker Badener, dann wieder eher nahe-affin und sehr straff. Der 2015er Spätburgunder (Magnum: 59 €) offenbart sehr feine Aromatik von wilder Erdbeere, wird dicht verfolgt von der Ersten Lage. Den Abschluss der Rotweine bildet der 2015er Merlot (22 €), welcher herrlich kirschig-pflaumig daherkommt und einem St. Émilion sehr ähnelt.

 



 

Jetzt sind wir schon in der absoluten Spitze angekommen – Weine, die laut Kellermeister Inspirationskraft und Bekömmlichkeit miteinander vereinen: Der 2017er Vinz Silvaner (22 €) ist voll mit animalischem Apfel, auch Apfelblüten, sehr geradeaus, noch viel zu jung, voller Phenolik, straffe Kühle und Spannung mit feinen Kräutern von Minze und Beifuß. War der 2016er Vinz Scheurebe noch sehr burgundisch, so ist er im Jahrgang 2017 (Magnum: 49 €) enorm exotisch mit Aromen von Maracuja, eine tiefe Duftigkeit bei trotzdem dezenter Mineralik und sehr klarem Aufbau. Der 2017er Stetten Silvaner Großes Gewächs (39 €) ist bestimmt von Apfelblüten und Apfelkernen, spannungsgeladen und schwebend, mit herrlicher Straffheit versehen. Die 2015er Version dieses Weines (Magnum: 88 €) verblüfft mich: Sie dekliniert Apfel in allen Spielarten (Fruchtfleisch, Schale, Kerne, Blüten), feine Opulenz zeigend, trotzdem puristisch mit strotzender Mineralität, auf der einen Seite sehr von der Blütenaromatik bestimmt, dann aber auch kräutrig mit leichter Vanille – ein sensationeller Wein, für mich der stärkste des Tages, ich bin restlos begeistert! Schwer hat es da der 2017er Stetten Riesling GG (39 €), der sich ganz nahe-affin präsentiert mit Noten von Pfirsich und Birne, er ist eben noch sehr jung, die Phenolik, wohl auch teilweise aus dem Ausbau in der Amphore (Ludwig Knoll baut ca. 300 Flaschen Blauer Silvaner, Sauvignon blanc und Traminer unter der Bezeichnung „Down to Earth“ ganz in der Amphore aus und impft seine Spitzenweine – Vinz und GG – mit homöopathischen Dosen dieser Weine). Wiederum als sehr lagerfähig gibt sich der 2015er des vorherigen Weins (Magnum: 88 €), er ist herrlich nussig (Walnuss und Haselnuss), offenbart saftigen Pfirsich bei sensationell schwebender Aromatik.

 



 

Nicht probiert hatte ich aus Zeitgründen zwei Süßweine aus der Schatzkammer, aus der Vergangenheit weiß ich aber, dass Familie Knoll auch in diesem Bereich die Qualität der trockenen Weine fortschreibt. Insgesamt attestiere ich dem Weingut einen richtungsweisenden Jahrgang 2018 – wie schon angedeutet – eine Mischung aus dem opulenten 2015 und dem säurestarken, straffen 2013 – sowie eine auch in den Spitzen überaus stimmige Kollektion.