Bordeaux 2017

2017 für den Geldbeutel

 

Schon lange gefreut habe ich mich auf Kellers Bordeauxprobe der 2017er Primeurs. Es ist dies eine der wenigen Möglichkeiten für Privatleute, sich ein Bild der Jungweine zu machen.

 

 

Abweichend von der üblichen Methode möchte ich einige gereifte Weine Revue passieren lassen. Es stellten sich im einzelnen vor:

 

 

Clarendelle, eine Marke, die den gleichen Besitzern wie Haut-Brion und La Mission gehört – was schon einiges aussagt: Der 2016er Blanc (16 €) war frisch, zeigte viel Sauvignonfrucht. Der 2014er Rouge (16 €) verfügte über viel schwarze Johannisbeere, während der 2014er Médoc (18 €) mehr Richtung Pflaume und Brombeere ging, sehr duftig mit leichter Bitterkeit war. Dahingegen zeigte der 2014er Saint-Émilion (22,50 €) Himbeere und Cassis. Der 2015er Château Trigant (29 €) aus Pessac-Léognan zeigte typische Noten von Blut und feinem Schweiß – man fühlt sich an Churchill erinnert – ein insgesamt dichter Wein.

 

 

Lafon-Rochet aus Saint-Estèphe ist den meisten Bordeauxtrinkern ein Begriff, allein durch seine Nähe zu Lafite und Cos d'Estournel. Der neue 2017er (46,50 €) offenbarte feine Cassisfrucht, wird getragen von einer leichten Teerspur und gestützt von nachverlangenden Gerbstoffen. 2015 (48 €) zeichnet sich durch eine feine Eisenader aus, zusammen mit leicht animalischen Noten. Überraschend fein ist der 2013er Jahrgang (37 €), ja elegant mit zurückhaltender Aromatik und einer schönen Duftigkeit – bei diesem Preis eine klare Kaufempfehlung. Der große 2010er Jahrgang (52 €) verfügt über die für die Appellation typische feine, bäuerliche Note, zeigt sich sehr dem Terroir verpflichtet.

 

 

Aus der Appellation Margaux – immer eine der edelsten – kam Château Ferrière, immer ein sicherer Wert: Der 2017er (44,50 €) war noch relativ mostig, als wäre er ohne Schwefelzusatz abgefüllt. Dem gegenüber beeindruckte der 2015er (44 €) durch schöne kühle Frucht mit feiner Eisenader; wie die nachfolgenden Weine war er im Mund sehr fein und strukturiert. Der 2014er (36,50 €) war, wie erwartet, leichter, dabei trotzdem sehr fein. Ähnlich war ihm der 2013er (36 €), wie der 2015er mit kühler Eisenader aufwartend. Überraschend duftig, trotzdem sehr elegant war der 2011er (36 €). Wer großartige Weine aus vermeintlich schwächeren Jahrgängen sucht, die das Terroir perfekt widerspiegeln und trotzdem bezahlbar sind, der ist bei Ferrière genau richtig. Am gleichen Stand gab es noch den 2017er Durfort Vivens (57,50 €) mit feiner Beerenfrucht, ebenfalls ein sehr wertiger Wein.

 

 

Eine weitere Vertikale gab es mit dem Château Haut Bages Libéral aus Pauillac: Der 2013er (35 €) zeigte herrliche Beerenfrucht mit leicht bäuerlicher Note, wohingegen der 2012er (39 €) äußerste Feinheit verkörperte – für mich klar der beste Wein in der Reihe. Der 2011er (40 €) wartete mit toller Frucht auf, wurde mit der Zeit immer graziler. Aus einem großen Jahrgang, nämlich 2010 (58 €), kam der nächste Wein, welcher mit extremer Finesse gesegnet war; Himbeere und rote Johannisbeere strömen einem aus dem Glas empor, gepaart mit ein paar grünen Elementen, welche hier aber im positiven Sinne Frische ausstrahlten. Nur unbedeutend schlechter mit viel mürber Frucht war der 2009er (54 €), nur eben etwas molliger, etwas vordergründiger als der Vorgänger. Insgesamt ist Haut Bages Libéral eine preiswerte Alternative, wenn man edle Pauillacs sucht.

 

 

Nun sind aber die Primeurs an der Reihe: Fontenil (21 €) aus Fronsac kommt dunkel und blutig herüber, ist immer ein sicherer Wert. Die folgenden Weine kommen aus Pessac-Léognan, eine Appellation, die oft sehr interessante Weine hervorbringt: Carbonnieux (37,50 €) strotzt nur so vor Cassis, gibt sich dunkel und gedrungen. Der Weißwein vom gleichen Gut (33,50 €) zeigt viel Sauvignon-Blanc-Frucht, wirkt etwas oberflächlich. Les Carmes Haut Brion (84 €) ist duftig und blutig, getrieben von der appellationstypischen metallischen Mineralität. Auch der rote Pape Clément (95 €) zeigt tolle Duftigkeit, etwas Blutorange, das duftende, feine Element werden wir bei anderen 2017ern wiederfinden. Der weiße Pape Clément zeigt feine Aschenoten bei toller Säure – die weißen Bordeaux' sind typischerweise immer relativ lange verschlossen.

 

 

Wir wechseln auf das rechte Ufer, von dem die etwas molligeren, fruchtigen Weine kommen, welche in der Vergangenheit meiner Meinung nach aber leider unter einem angespannten Preis-Leistungs-Verhältnis litten. Zuerst ist St. Émilion an der Reihe: Sansonnet (32 €) verkörpert extreme Merlotduftigkeit nach Pflaume, ein Wein, den ich erst letztes Jahr bei Keller entdeckt habe und der mir sehr gefällt. Ein Knaller ist Beauséjour-Bécot (63,50 €) mit zarter Frucht im Hintergrund und toller Finesse – wenn doch alle Weine so wären! Auch Pavie Macquin (80 €) überzeugt mit unglaublicher Tiefe. Clos Fourtet (111 €) zeigt Sauerkirsche und Dörrpflaume, könnte aber gut und gerne die Hälfte kosten. Dann Pomerol: La Croix du Casse (27 €) ist von Pflaumenduftigkeit dominiert. Ein Topwein ist Gazin (89 €) mit etwas Pflaume und einer bizarren und für Rotweine seltenen, aber wertigen Pfirsichnote. Eindeutig überteuert ist La Conseillante (188 €) mit wiederum feiner Pflaumennote.

 

 

Weiter geht es mit dem linken Ufer, zuerst die Médocs: Belgrave (31 €) ist cabernetbetont mit zarter Frucht und ganz feinen Tabaknoten. Cantemerle (31 €), jahrein, jahraus mein und Mr. Suckling's Liebling, ist würzig mit Noten von Zimt, insgesamt sehr fein, ragt aus der Masse hervor. Chasse Spleen zeigt feine Würzigkeit, gepaart mit dunkler Pflaume. La Lagune (48 €) kommt paradoxerweise mit rieslinghaften Pfirsichnoten daher, diese betonen seinen feinen Charakter. Sociando Mallet (33,50 €) ist garriguebetont und duftet nach Pfirsich. Insgesamt zeigen sich die Weine recht saftig und duftig, ohne dabei zu überfordern – Weine für den frühen Trinkgenuss. Aber lassen wir die übrigen Weine zu Wort kommen: Aus Margaux haben wir drei Weine. Labegorce (28 €) ist sehr tabakduftig, erinnert an Bordeaux, wie es früher einmal war... D'Issan (65 €) trumpft mit Himbeere auf, gibt sich nobel, ganz im Sinne der Appellation. Brane Cantenac (72 €) ist von feiner Frucht geprägt, hatte aber schon bessere Tage... Eine meiner Lieblingsappellationen, da oft fein austariert, ist St. Julien: Gloria (40 €) glänzt mit feiner Blaubeere, Lakritz und leichten Schweißnoten, die den Wein interessant machen. Beychevelle (82,50) ist etwas breit, trotzdem duftig, schießt preislich etwas über das Ziel hinaus... Herrlich feine rote Johannisbeere zeigt Léoville-Poyferré (84 €), gibt sich wie so oft sehr burgundisch – für mich der Wein des Jahrgangs! Nur einen Wein hatte ich aus St. Estèphe probiert, dafür eine echte Granate, nämlich Calon Ségur, wie häufig schon früh ausverkauft, ein Wein, der mit aromatischer Feinheit glänzt, dem allerdings etwas – und das soll um Himmelswillen keine Kritik sein – die bäuerliche Würzigkeit der Appellation fehlt, ansonsten könnte man ihn für einen St. Julien halten. Aus Pauillac gab es leider ebenfalls nicht viel zu probieren. Der Réserve de la Comtesse (44,50 €) zeigt tolle Finesse, überzeugt mit seiner leicht animalischen Aromatik – ein Preis-Leistungs-Wunder! Pédesclaux (44,50 €) verfolgt eher einen modernen Stil, ist ebenfalls leicht animalisch angehaucht, hat einen schönen Zug.

 

 

Wie schon weiter oben angedeutet, sind die Bordeauxweine des Jahrgangs 2017 sehr trinkig, dabei manche nicht so teuer wie letztes Jahr, sie versprühen eine schöne Duftigkeit, die sie auch jung zu einem Genuss machen. Insgesamt ist das Qualitätsspektrum sehr homogen, allein die Spitzen fehlen etwas.