Weingut am Stein - Ludwig Knoll

Kühles großes Jahr

 

Die Weine vom Weingut am Stein aus Würzburg lagere ich seit einigen Jahren ein, um sie in der bestmöglichen Reifephase verkostet zu können. Vor Kurzem hat der 2008er Montonia Spätburgunder sein Zehnjähriges gefeiert – ein Grund mehr, ihn hier zu rezensieren: Die Farbe ist ein sattes Kirschrot. Die Nase ist zuerst eher oberflächlich deutsch nach Erdbeere, dann kommt aber nur noch geradlinige Kirsche, hinter der sich eine dezente Blättrigkeit nach Laub hervorschiebt, komplettiert wird das Ganze durch etwas Nussnugat und leichte Specknoten. Mit zunehmender Temperatur kommt eine packende Mineralität nach dunklem Stein zum Vorschein, auch Bitterschokolade, man ist an die kühl-elegante Stilistik eines Fürsts – wenn auch auf völlig unterschiedlichem Terroir (Muschelkalk vs. Buntsandstein) – erinnert. Der Wein zeigt große Rasse und Finesse, große Reinheit eben auf der erwähnten Sauerkirsche. Die Säure ist packend, in der Mineralität strebt der Wein eher gegen einen Huber, mit dem er auch den Boden teilt, in manchen Aromaelementen, vor allem der leichten Speckigkeit, ähnelt er eher einem Pinot noir der Shelter Winery. Später kommen leichte metallische Noten durch, der Wein gibt sich sehr rauchig nach Weihrauch und Kerzenwachs, sehr aristokratisch. Mit seinen Weihnachtsgewürzen fühlt man sich an einen Gevrey-Chambertin erinnert, fast etwas Corton, doch dafür zeigt er zu wenig Teer. Weiter verspürt man rote Johannisbeere, Himbeerkerne, Kirschkerne, im ersten Ansatz fast etwas blumig nach Veilchen und etwas Rose wirkend. Zum Schluss kommt noch etwas tiefe schwarze Johannisbeere wie in einem gealterten Côte-Rôtie oder einem jungen Bordeaux vom linken Ufer (etwa Haut-Batailley oder Léoville-Poyferré) auf. Der Wein geht weg von einem Spätburgunder hin zu großem gereiften Wein. Zwischendurch verschwimmt er etwas, um dann noch einmal groß aufzutrumpfen, wie oben beschrieben. Trotz seines Alters messe ich ihm noch weiteres Potential bei. Alles fügt sich zu einem Puzzle zusammen; die Kraft und Finesse eines Holger Koch schimmert kurz durch, eine geniale Unterholzaromatik bahnt sich den Weg, unterlegt von Heidelbeere, leichtem Knollensellerie, ja auch ein Hauch Petersilie. Wie gesagt, mir fällt es schwer, den Wein trotz seines vermeintlich durchsichtigen Etiketts einer Stilistik zuzuordnen – es ist einfach nur großes Gereiftes-Wein-Kino!