Reinhold & Cornelia Schneider

Auf dem Boden geblieben

 

Zum ersten Mal seit längerer Zeit bat das Weingut Reinhold & Cornelia Schneider aus Endingen am Kaiserstuhl zum Probenwochenende.

 

 

Wir fingen mit den Sekten an: Die klassische Cuvée No. 18 brut (13 €) zeigte feine Fruchtigkeit, es war dies die Interpretation eines leichten Stils, rund im Mund, an einen frischen Grauburgunder angelehnt. Der Auxerrois brut (13 €) hatte eine überraschend tiefe Farbe, wirkte vegetabil und gleichzeitig aromatisch nach Spargel und Weintraube, aber auch nach dunklem Brioche und Honig – sehr gelungen für den Preis. Dahingegen kam der Rosé extra brut (13 €) mit hellerer Farbe daher, zeigte sich sehr dezent, sehr elegant – frischer Rhabarber kam mir als erstes in den Sinn, dabei besaß der Sekt eine schöne Süffigkeit. Ein anderes Kaliber war die Cuvée R extra brut (15 €), die mit feiner Champagnerart überzeugte, zeigte nur dahingetupfte Frucht nach Traube und Rhabarber.

 

 

Der Einstieg in die Weißweine gelang den Schneiders perfekt, wobei wir nur trockene Weine probierten: Die 2017er Silvaner Spätlese *** (9 €) erinnerte mich sofort an die Silvaner vom Weingut am Stein: straffer Apfel, tolle Mineralik, leicht grün, obwohl einen Tick Restsüße zeigend. Auch die 2017er Sauvignon blanc Spätlese *** (11 €) fand ich gelungen: tolle Frucht, gar nicht grün wie viele andere deutsche Sauvignons, Birne, Pfirsich, nur leichte Stachelbeere, etwas Honig, leider auch mit einem Hauch Süße. Der 2017er Auxerrois Kabinett (9 €) schmeckte wie der Sekt aus der gleichen Rebsorte, nur ohne CO2, dazu kam etwas Asche, große Frische, wieder versehen mit etwas Restsüße – die einzige Sache, die mich an den ersten Weißweinen etwas störte.

 

 

Weiter ging es mit den Chardonnays: Die 2017er Spätlese *** (12 €) zeigte feine grünliche Ananas, war rieslingaffin, gleichzeitig mit dem Schmelz eines Deiss-Weins. Fruchtbetont zeigte sich die 2016er Spätlese *** D (12 €), mit tollen Zitrus- und Pfirsicharomen. Die 2016er Spätlese Floh (14 €) überraschte mit deutlichen Gebäcknoten, ihm gelang eine tolle Holz-Frucht-Säure-Balance. Der gleiche Wein, nur aus dem Jahrgang 2015 (14 €), zeigte sich noch mineralischer, überzeugte durch Trockenfrucht und zarter frischer Frucht bei schier genialer Balance – dies werden wir noch bei weiteren Weinen sehen. Dann kamen die Weißen Burgunder – dies ist Reinhold Schneiders Schreibweise: Der 2017er Kabinett aus der Literflasche (8,50 €) war rebsortentypisch, fein aschig, leicht grün. Die normale 2017er Spätlese (11 €) zeigte sich aschig-mineralisch mit tollem Zug. Die 2016er Spätlese *** C (15 €) verfügte über geniale rauchige Mineralität, das Holz sticht nicht hervor, es begeistert vielmehr, der Wein geht Richtung Chardonnay, hat Schmelz ohne Ende – auch wieder eine typisch Schneidersche Eigenart. Primus inter pares war die 2017er Spätlese *** trio (Cuvée aus drei Lagen, 14 €) mit noch mehr Druck als der C, das Holz ist besser integriert, der Wein hat einen Tick mehr Frucht und Mineralität. Dann kamen die Grauburgunder, die bei den Schneiders Ruländer heißen: Der Literwein Kabinett (8,50 €) war wieder sehr aschig-grün, duftete nach Aprikose, ja war überraschend gut. Die 2017er Spätlese *** R (14 €) zeigte weniger Mineralität als die Weißen Burgunder, ganz feine Aprikosennoten mischen sich unter grüne Elemente. Die 2016er Spätlese Floh (16 €) präsentierte sich sehr intensiv, war deutlich vom Holz geküsst, zeigte aber auch die feinen Briochenoten eines Chardonnay sowie getrocknete Melone.

 

 

Schließlich kamen die Weißweine aus dem Barrique, alle als trockene Auslesen deklariert – sozusagen Schneiders Königsdisziplin. Die 2015er Ruländer Auslese *** R (22 €) zeigte tolles Karamell, eine irrsinnige Cremigkeit, Trockenfrucht, überraschend wenig Holz, dafür tolle Honignoten – was für eine Balance, was für ein Schmelz! In der 2015er Chardonnay Auslese *** (22 €) offenbarte sich eine Balance, die ich selten gesehen habe, man verspürt etwas Sägemehl, dann ganz zarte Frucht, es ist dies ein Wein, der lange haften bleibt. Ein Unikum ist die 2016er Ruländer Auslese *** RR (22 €) – zuletzt wurde 2009 so ein Wein deklariert: Die Frucht ist wie im Chardonnay ganz, ganz zart, ja nur hingetupft, der Wein ist kristallin-klar, das ist ohne Übertreibung Weltklasse!

 

 

Gespannt war ich auf die Spätburgunder – sollte sich hier das große Kino der Weißweine fortsetzen? Schon der Literwein aus dem Jahrgang 2016 (9 €) zeigte viel Kirsche, etwas Pflaume, war schön rund. Während man im 2015er (12 €) sehr viel Pflaume, etwas Brombeere und zarte Kirsche in ungewöhnlicher Tiefe verspürte, offenbarte der 2014er (12 €) eine sehr feine Duftwolke, war tief und klar, kühl und saftig. Der 2015er *** (16 €) präsentierte sich mit toller Reife nach Trockenpflaume. Der 2013er *** RR (26 €) haute mich förmlich um – so viel Finesse und gleichzeitig Opulenz; Pflaume gesellt sich zu Heidelbeere, leichte Grasnoten mischen sich mit Doldenblütlern, Lakritz kommt durch, ganz leichte Bratensauce, der Wein ist klar und fein, strahlt feine Reife aus – ein absolutes Highlight! Dann kamen die Lagen; Diel zuerst (jeweils 22 €): Der 2013er duftet nach Bratensauce, pikanter Kirsche, Süßholz, wird wieder von dieser den Schneiderweinen inhärenten Balance getragen. Dahingegen war der 2014er verspielt, leicht und schwebend, Noten von Kaffee und Hagebutte offenbaren sich. Der 2015er zeigte Johannisbeere und Nugat, ja war sehr fruchtintensiv. Der 2014er Schönenberg (wie die folgenden Weine je 26 €) war paradoxer huberaffin – nur billiger – dabei deutlich verspielt. Die 2015er Ausführung dieser Lage präsentierte sich charakterfest, mineralisch, zeigte leichte Asche und Rauchigkeit. Zum Abschluss kam meine Lieblingslage: Engelsberg! Der 2013er trumpfte mit feinem Nugat auf, offenbarte eine feine Pinotnase, ja war ätherisch-fein mit leichten Rosennoten. Aus dem 2014er entsprang tolle Kühle, es war dies ein ganz feiner Rotwein. Der 2015er schließlich war eher von Johannisbeere und Heidelbeere getrieben, leicht grüne Aromen zeigen sich, aber perfekt integriert, für den eher molligen Jahrgang ein unglaublich feiner und kühler Saft. Zum Schluss zauberte Reinhold Schneider noch einen 2012er Engelsberg aus dem Ärmel: Wieder fand man Nugat, ein Wein von unglaublicher Finesse!

 

 

Zusammenfassend kann man sagen, dass Schneiders über eine atemberaubende Kollektion fast ohne Schwächen verfügen. Bevor ich ging, offenbarte mir Reinhold Schneider, was ich mir insgeheim schon immer gedacht hatte – dass er für seine Weine deutlich mehr Geld verlangen könnte, dies aber aus Anstand nicht tue. Damit zeigt er, was man auch aus seinen Weinen herauslesen könnte: jede Menge Charakter – chapeau, Reinhold!