Neipperg

Am Sonntag etwas Neues

 

Eine außergewöhnliche Location für unsere Sonntagsprobe gewährte uns das Weingut Graf Neipperg aus Schwaigern – nämlich ein altes, an einer Seite offenes, großes, mit Sitzbänken ausgestattes Faß im hinteren Teil des verwinkelten Kellers. Etwas beliebig fing die Probe an mit einem 2017er Neipperger Weißburgunder (9,20 €), ein Wein mit viel Apfelaromen, wenig Zitrusfrucht, geradlinig mit mittlerer Säure. Der 2017er Muskateller (8,90 €) präsentierte sich rebsortentypisch mit feiner Muskatnote, etwas Zitrus, ja sehr frisch. Mehr Spaß machte der 2015er Neipperger Schlossberg Riesling (19,50 €), welcher nach Quitte, Nuss und nur leichtem Petrol duftete – ein eher molliger, barocker, geschmeidiger Wein – auch das muss man irgendwann einmal trinken! Dann ging es mit den Rotweinen weiter: Der 2016er Trollinger (7,90 €) zeigte Cocktailkirsche, Himbeere, feine Bittermandel, um dann etwas zu sehr in die vielfach bekannte dropsige Ecke abzudriften... Eine andere Nummer war der 2014er Neipperger Schwarzriesling (14 €), welcher nach Kirsche und Schokolade duftete, mit schöner Säurestruktur und guter Würze ausgestattet war, ja eher filigran daherkam. Der 2016er Dürrenzimmerner Mönchsberg Lemberger (20 €) verfügte über die typische mit Gewürzen versetzte Pflaumennote, auch leichte Bourbonvanille, war geschmeidig, aber noch etwas verschlossen, obwohl am Gaumen nachverlangend. Ein Höhepunkt war der 2013er Schwaigerner Ruthe Lemberger (34,50 €) mit – paradoxerweise – feiner Merlotwürze: Pflaume, Zimt, etwas Kirsche, Himbeeren, Veilchen, feine Substanz zeigend, im Mund mit interessanten Noten dunkler Schokolade. Eine faustdicke Überraschung war der aus Bulgarien stammende 2014er ENIRA (11 €!) aus Merlot und Syrah mit etwas Cabernet franc und Petit Verdot: Blutorange, tiefe Kirsche, ja „Bluterdbeere“, wie es einer der Teilnehmer formulierte, aber auch Milchschokolade und rauchige Noten offenbarten sich uns, alles sehr eigen und mit schöner Säure unterlegt. Schlusspunkt war der 2012er Selection Neipperg (23,50 €) aus Saint-Émilion, der Zweitwein des La Gaffelière, zu 70 % aus Merlot, den Rest teilen sich Cabernet franc und Cabernet Sauvignon. Dieser Wein zeigte feine Noten von Zigarrenkiste – typisch Bordeaux –, aber auch Kirsche, gepaart mit toller Würze. Insgesamt wurde uns eine abwechslungsreiche Probe mit zwar flachem Beginn, aber einigen Überraschungen geboten.