Weingut am Stein 2018

2017 straff wie 2013

 

Wie jedes Jahr präsentierte das Weingut am Stein aus Würzburg am Maifeiertag seinen Kunden die aktuellen Weine. Es waren für mich die ersten 2017er (Guts-/Orts-/Erste-Lagen-Weine), die ich probiert habe. Es ist dies ein Jahrgang, in dem sich alle Weine – rebsortenübergreifend – besonders straff zeigten – nicht so wollüstig wie 2009, 2012 oder 2015, nicht so makellos wie 2016, sondern – auch von der Säure her – am ehesten mit 2013 zu vergleichen. Auch vom Arbeitsaufwand im Weinberg her haben diese beiden „Fäulnisjahrgänge“ eine ähnliche Entstehungsgeschichte. Nicht zu verkosten waren – leider – ein paar alte Bekannte: das Hoch-3-Duo (ein Projekt, bei dem Ludwig Knoll mit zwei Freunden einen alten Weinberg im Stettener Stein auf Vordermann gebracht hat), dessen Weine in Zukunft wohl nur Insidern vorbehalten sein werden (nicht umsonst sind sie auf keiner Preisliste aufgeführt) sowie den MONTONIA Weißburgunder; 2017er VINZ Silvaner und 2016er Silvaner GG befinden sich noch im Entstehungsprozess. Doch nun genug der Worte, an die Arbeit:

 

 

Zuerst die Sekte, Ludwigs Eintrittskarte zum Olymp: Der 2014er Silvaner brut (18 €) war herrlich traubig, ja saftig, zeigte Noten von Quitte und Apfel, aber auch Mineralität, und hatte Zug. Ebenfalls mit toller Mineralität wartete der 2014er Grauburgunder brut (20 €) auf. Hinter seinen kreidigen Noten blitzte ein wenig Ananas und Pfirsich auf, auch ein paar pflanzliche Noten. Konkurrenz zu den besten Sekten der Republik (namentlich von Huber, Raumland, Rebholz) war der 2012er Pinot extra brut (25 €) – ein Rosé mit deutlichem Anspruch: mineralisch ohne Ende, beerig-rauchig, puristisch. Ein exzellenter – alkoholfreier – Ersatz zum Sekt ist Ludwigs Traubensecco, ein rebsortenreiner Bacchus aus dem letzten Erntejahr, mit 6 € für einen Analcolico zwar nicht mehr billig, doch genau da liegt sein Anspruch – meine Frau und ich haben ihn in der Schwangerschaft sehr genossen!

 

 

Dann kamen die 2017er Gutsweine, die allesamt süffig und mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis ausgestattet waren: Der Frank & Frei Müller-Thurgau (7,50 €) duftete rebsortentypisch nach Apfel und Muskat, ja war einfach lecker. Leicht rauchig, ja beinahe unnahbar war der Frank & Frei Secco Saignée (8,50 €) – der leichte Restzucker war leider nicht mein Fall. Die Weißweincuvée Helle Freude (8 €) aus Müller-Thurgau, Bacchus und Riesling versprühte Noten von Apfel, Stachelbeere und Grapefruit und erinnerte mich spontan an einen Naheriesling. Der Rosamunde Pinot Rosé (8 €), ein reinsortiger Spätburgunder, duftete nach knackigem Apfel und weißer Johannisbeere, kam frisch herüber, zeigte auch leichte Rauchigkeit. Den Abschluss der Gutsweine bildete die Rotweincuvée Rote Wonne (8 €) aus Schwarzriesling, Dornfelder und Regent, welche verführerisch süß anmutete durch Noten von Vanille und Süßkirsche – als Nicht-Spätburgunder ein guter deutscher Alltagsrotwein.

 

 

Nun zu den Ortsweinen, die allesamt 10 € kosteten und aus 2017 kamen: Der Würzburg Silvaner kam sehr frisch mit Apfelnoten herüber, zeigte gute Rauchigkeit und Balance. Demgegenüber war der Randersacker Silvaner noch verschlossen, präsentierte sich rauchig und mineralisch-straffer als sein Vorgänger. Auch der Stetten Grauburgunder war extrem straff-mineralisch, leicht vegetabil und nach mürbem Apfel duftend, mit toller Säure ausgestattet – hier tritt die Rebsorte (die ich beinahe nicht erkannt hätte) in den Hintergrund und lässt das Terroir sprechen. Der Stetten Riesling kam grazil daher, roch nach frischem Toast und leichtem Pfirsich, war rauchig und durchaus tief-mineralisch. An einen Nahewein erinnerte mich der feinherbe Randersacker Riesling, er war schön fruchtig, vor allem nach Pfirsich duftend, für mich fast ein wenig zu viel, zum Glück war der Wein auch leicht mineralisch. Den Schlusspunkt der Ortsweine setzte die feinherbe Stetten Scheurebe, mit ihren pflanzlichen Aromen sofort an Sauvignon blanc erinnernd (nicht umsonst wird ja kolportiert, die Scheurebe sei Deutschlands Antwort auf den Sauvignon blanc). Neben der ebenfalls obligatorischen Stachelbeere kamen Noten von Grenadine und Flieder durch.

 

 

Eine Stufe höher in der VDP-Qualitätspyramide sind die Ersten-Lagen-Weine angesiedelt, die mit einheitlichen 15 € bepreist waren. Die Weißweine kamen aus 2017. Der Würzburger Stein Silvaner war in seiner Aromatik frappierend nahe an einem Idared-Apfel, war tief und straff zugleich, mit krasser Säure versehen. Dahingegen war der Würzburger Innere Leiste Silvaner duftiger, aber trotzdem sehr straff mit kräutrigen Apfelnoten und Aspekten von Asche, ein unvergleichlicher Wein mit Struktur ohne Ende. Der Würzburger Innere Leiste Riesling war dagegen sehr dezent mit filigraner Mineralität. Sehr hochwertig war der 2015er Würzburger Innere Leiste Spätburgunder, in diesem Preissegment konkurrenzlos. Er duftete herrlich nach Weichselkirsche mit rauchigen Komponenten.

 

 

Aus der Magnum wurden die 2016er VINZ-Weine kredenzt (je 49 €). Der Silvaner wurde zu 80 % im Betonei und zu 20 % in der Amphore ausgebaut (wobei man gestehen muss, dass sich das Weingut laut Kellermeister Dominik noch vorbehält, einen reinen Amphorenwein abzufüllen). Der Wein verströmte eine herrliche Aromatik wie ein alter Champagner: Bohnerwachs, Pfirsich, Guave, gelber Apfel. Trotzdem ist dieser Silvaner sehr mineralisch (Feuerstein!) und von pflanzlichen Obertönen begleitet, ja unendlich vielschichtig. Komplett anders ist die Scheurebe, die zu 60 % im Betonei, zu 35 % im Barrique und zu 5 % in der Amphore ausgebaut wurde. Meine erste Assoziation war: 10 hoch 4 Gutedel von Ziereisen, so einzigartig ist der Wein, doch hätte jemand „Puligny-Montrachet“ auf die Flasche geschrieben, ich hätte es nicht in Zweifel gezogen, so ähnlich ist diese Scheurebe einem großen Burgunder. Der Wein ist deutlich vom Barrique geprägt, doch dies ergänzt nur die berstende Mineralität – es ist dies ein Wein, der komplett ohne Frucht auskommt, trotzdem in der Nase sehr tief ist, ja straff-kompromisslos daherkommt.

 

 

Noch einen oben darauf setzen die Großen Gewächse: Der 2015er Silvaner (39 €) betört mit herrlich viel gelber Frucht, ist mineralisch, druckvoll, zeigt auch viel Apfel in der Nase, dies könnte paradoxerweise auch ein Riesling sein. Herrlich verschwenderisch mit Noten von Guave ist der 2013er Silvaner (42 €), hat aber auch straffe Mineralität und eine tolle Säurespur. Dass der 2016er Riesling (39 €) der beste Wein in der Geschichte des Gutes sein soll, ist verständlich: Auch dieser Wein ist herrlich tief, nach Pfirsich duftend, mit viel straffer Mineralität ausgestattet – ein muskulöser Modellathlet, der gleichzeitig aber nicht die Ästhetik und Feinheit vermissen lässt. Der 2013er Riesling (42 €) ist filigran, zeigt Noten von Grapefruit und beeindruckt mit toller Balance. Außerdem trumpft der Wein mit herrlicher Zitrusfrucht auf und ist gleichzeitig ungeheuer mineralisch – er erinnert mich an ein GG von Schäfer-Fröhlich. Der Wein zeigt nur ganz dezente Petrolnoten, verfügt über wunderschöne straffe Reife, in seinem delikaten Süße-Säure-Spiel erinnert er mich eher an einen Moselwein.

 

 

Dazwischen zwei Toprotweine: Der 2015er MONTONIA Spätburgunder (26 €) unterschied sich auf den ersten Schluck nur wenig vom Erste-Lagen-Spätburgunder, doch dann kam diese herrliche Rauchigkeit und diese Mineralität, die diesen Wein einzigartig machen – kein Fürst oder Huber, doch trotzdem ein Achtungserfolg! Der 2015er Merlot (22 €), 12 Monate im Barrique gelagert, erinnerte mich sofort ans rechte Ufer, genauer gesagt an einen Pomerol: reichhaltig, trotzdem kühl, mit den typischen Pflaumennoten und etwas Kirsche versehen. Da soll noch jemand sagen, in Deutschland sei kein Merlot möglich!

 

 

„Ein restsüßer Wein kann auch ein Menü eröffnen“, sagte Ludwig Knoll bei der Vorstellung der Süßweine in der Schatzkammer des Weinguts. In dieser Deutlichkeit war mir dies nicht bewusst... Zu bewundern gab es eine 2016er Randersackerer Pfülben Riesling Auslese (22 €), die mit Noten von Pfirsich, Rosine und Ananas begeisterte, ja sehr reif wirkte. Die 2011er Stettener Stein Rieslaner Beerenauslese (49 €) hätte man auch statt eines Desserts nehmen können, sie zeigte sich sehr tief, mit konzentrierter Rosine sowie Ananas in der Nase, ja schwelgerisch und zeitlos.

 

 

Da es manche (Top-)Weine schon letztes Jahr zu verkosten gab, konnte man ihre Entwicklung innerhalb eines Jahres begutachten – und diese war schlichtweg phänomenal! Obwohl viele Weine schon jetzt ein Genuss waren, lohnt es sich sicherlich, diesen eine Weile Bedenkzeit zu geben (beim 2016er Riesling GG war ein Trinkfenster bis 2035 angegeben), denn sie sind schlafende Riesen! Ich kann mich noch gut an meinen ersten Knoll-Wein erinnern – den 2009er VINZ Silvaner –, den fand ich schon damals phänomenal mit seiner Mineralität von Meeresbrise, doch die neue Kollektion ist nochmals ein Schritt in Richtung Einzigartigkeit – und dies suchen wir ja als Weinliebhaber: die unverkennbare Handschrift eines Winzers. In diesem Sinne wünsche ich Antonia, Sandra, Vinzenz und Ludwig weiterhin viel Erfolg!