Châteauneuf-du-Pape auf der Prowein

Die unerträgliche Leichtigkeit des Weins

Auf der Prowein gab es einen eigenen Bereich nur für Châteauneuf-du-Pape, den König der südlichen Rhône. So viel qualitativ hochwertige Weine auf einen Schlag verkosten zu können, ist wohl eine seltene Gelegenheit:

 

 

Der erste von mir besuchte Betrieb war die Domaine du Grand Tinel. Den Auftakt machte der weiße 2015er: Er duftete wie ein alter Riesling und brachte Noten von Karamell und Banane mit, war insgesamt sehr fein, das Holz war nur leicht angedeutet. Der Wein erinnerte mich unweigerlich an ein Weißburgunder GG von Heger. Ich lege mich fest: Einen so eleganten, ja fast zarten weißen Châteauneuf-du-Pape habe ich noch nie verkostet – eine Entdeckung! Der rote 2015er war steinig, zeigte ganz leichtes Veilchen sowie Vanille, auch Blaubeere und leicht angetrocknete Früchte, es war dies ein vor allem im Mund sehr ausdrucksstarker Wein. Das Pendant aus dem Jahrgang 2012 transportierte heiße Aromen von durcherhitzter Pflaume, Karamell, Sojasauce, der obligatorischen Garrigue sowie Walnuss, der zeigelrote Wein blieb lange haften. Dann kam die 2015er Cuvée Alexis Establet aus hundertjährigen Rebstöcken, dieser roch nach Butterkeks, ganz feinen Gewürzen und überzeugte mit einem tollen geschmeidigen Mund. So leichtfüßig kann Châteauneuf-du-Pape sein! Es folgten zwei Weine der zum gleichen Besitzer gehörenden Domaine Saint Paul; waren die vorherigen Weine dem traditionellen Stil verpflichtet, sind die kommenden eher von moderner Ausprägung, jedoch – das wird man sehen – kaum schlechter: Der 2015er offenbarte schwierig zu fassende Aromen, wie dies nur den großen Weinen vorbehalten ist; florale Aspekte wurden um rote Früchte und Pfirsich ergänzt, dann kam etwas Karamell und ganz frische Kirche – eine sehr interessante Aromatik. Den Schluss bildete der 2012er, der verführerisch-schwebend war, nach Blaubeere, Maulbeere und Süßholz duftend mit einem geschmeidigen Mund.

 

 

Nächstes Weingut war die mittlerweile biodynamisch arbeitende Domaine La Millière. Der weiße 2016er war sehr vegetabil, frischer als der des vorhergehenden Weinguts, zupackend mit floraler Zitrusfrucht und etwas Süßholz. Der rote 2014er war von Teer geprägt, ja offenbarte dunkle Aromen, leichte indische Gewürze. Trotzdem hatte er Stoffigkeit und Mineralität – paradoxerweise erinnerte mich dieser Wein an einen guten Bordeaux, vielleicht einen Saint-Estèphe. Die Grenache in dem Wein ist 100 Jahre alt. Dann wurde mir der 2013er präsentiert: Er überzeugte mit Noten von Unterholz und Leder, war bei aller Animalität aber trotzdem von schwebender Eleganz. Viel Karamell, Sojasauce und wieder Süßholz zeigte der 2015er. Den Schlusspunkt setzte der reinsortige Grenache, der 2015er La Bessade: Er duftete wiederum nach Sojasauce, Maulbeere und ein ums andere Mal Süßholz; ein Wein, der sich schön auffächert und mit viel kühler Frucht auftrumpft, später kommen ganz leichte Backpflaume sowie tolle Gewürze hinzu, die den Wein zum Schweben bringen – wieder Leichtigkeit von der Südrhône!

 

 

Als drittes und letztes Gut probierte ich die Weine von der ebenfalls biodynamischen Domaine de la Vieille Julienne, die über reine Nordlagen verfügt. Der 2014er Les Trois Sources war pfeffrig, zeigte etwas obligatorische Sojasauce, war sehr frisch und geschmeidig. Der gleiche Wein, nur des Jahrgangs 2015 war expressiver: Er duftete nach Johannisbeere, Rauch, Teer, Zimtrinde, Pfirsich, Veilchen und leichter Vanille – es war das Komplexitätswunder an diesem Tag! Noch ein Lagenwein war der 2015er Hauts-Lieux: Er verfügte über eine sehr dunkle, aber gleichzeitig kühle Aromatik, man nahm den Duft kleiner roter Beeren und dunklem, leicht angebranntem Butterkeks wahr. Primus inter pares war der 2015er Réservé, der zu 95 % aus 90 bis 100 Jahre alter Grenache sowie Cinsault und Cournoise bestand und der Appellation mit 15,5 % Alkohol alle Ehre machte... Viel Blaubeere kam einem entgegengeflogen, auch leichte Backpflaume und Maulbeere – ein sicher einzigartiger Wein, der allerdings wohl kaum unter 250 € zu haben sein wird...

 

 

Wie anfangs schon angedeutet, war ich verblüfft von der Qualitätsoffensive der Châteauneuf-du-Pape, dabei waren die meisten Weine gar nicht so wuchtig und breitschultrig, wie es der Ruf dieser Appellation ist...