Bodegas Santo Tomás

Spitzenwein aus Mexiko

 

 

 

Das Thema Wein und Mexiko liegt mir besonders am Herzen, da meine Frau aus diesem Land stammt. Das Weingut Santo Tomás, um das es in diesem Artikel gehen soll, wurde im Jahre 1888 gegründet, als noch niemand in Mexiko etwas über Wein wissen wollte. Heute gehört das Weingut, das im Guadalupe-Tal in Baja California (die Halbinsel, die sich in südlicher Verlängerung des US-amerikanischen Kaliforniens befindet) liegt, zur Speerspitze von vielleicht einer Handvoll Weingüter, die Qualitätsweinbau in Mexiko betreiben. Ähnlich wie im Napa Valley in den USA werden eine Vielzahl von (europäischen) Reben angebaut. Im Folgenden sollen zwei einfache Weißweine (um 10 €), die nach den Rebsorten benannt sind, sowie zwei Reserva-Rotweine (um 25 €), die den Namen von Windströmungen tragen, vorgestellt werden:

 

 

 

Der 2014er Viognier hat eine hellgelbe Farbe. Er duftet nach vollreifen Äpfeln und Birnen sowie Rosen- und Weißdornblüten. Außerdem hat er Anklänge von Pfirsich, Honigmelone und Honig, auch grüner Spargel schimmert durch. Überraschend für diese Preisklasse, wird der Wein darüber hinaus von einer schönen subtilen Mineralität getragen, die ihm außerordentliche Eleganz verleiht. Im Mund ist der Wein sehr weich, zeigt Extraktsüße. Der lange Abgang wird von leichter Bitterkeit umspielt. Das Vorbild Condrieu ist nicht zu leugnen, vor allen Dingen die Subtilität überrascht.

 

 

 

Der 2011er Chardonnay, im Stahltank vergoren und sechs Monate in französischem Barrique ausgebaut, leuchtet strohgelb mit goldenen Reflexen. In der Nase findet man Vanille, Banane und eine hinreißende Mineralität, auch Zitrusfrüchte zeigen sich. Insgesamt ist der Wein sehr weich in der Nase, kommt trotz 14 % Alkohol sehr schlank und strukturiert daher, hat ganz klar europäisches Vorbild. Im Mund offenbart er durchdringende Säure, die den Alkohol gut integriert – viel Wein für wenig Geld. Bei einer zweiten Verkostung wirkt der Wein viel weicher und voller mit Düften nach Rosine, Brioche und frischer Butter.

 

 

 

Die 2005er Sirocco Syrah Reserva, 15 Monate in neuem französischen Barrique ausgebaut, hat eine kirschrote Farbe mit leicht bräunlich-durchscheinendem Rand. In der Nase zeigt der Wein reife Früchte, vor allem Pflaume, und Veilchen (ähnlich einem Nebbiolo), später Kirsche, Marzipan und Vanille. Mit fortschreitender Belüftung wirkt der Wein weicher, am Ende offenbart er Backpflaumen und Buttercreme. Daneben zeichnet er sich durch enorme Würze (Pfeffer, Koriander, Chili) aus, so dass meine Schwägerin, die zu Besuch war, ohne Umschweife ausrief: „Der schmeckt nach Mexiko!“ Besser kann man es nicht treffen... Im Mund ist der Wein sehr präsent mit samtigen Tanninen und viel Extraktsüße. Der sehr lange Abgang ist durchzogen von einer pfeffrigen Note. Das ist ein Terroirwein allererster Güte, stilistisch zwischen Rhône und Australien angesiedelt. Der Alkohol (14 %) ist nicht zu dominant, das Barrique schön eingebunden.

 

 

 

Die 2008er Mistral Barbera Reserva wurde ebenfalls 15 Monate in neuem französischen Barrique ausgebaut und kleidet sich in leuchtendes, leicht durchscheinendes Kirschrot. Auch in der Nase gibt Kirsche, genauer gesagt Sauerkirsche, auch etwas Kirschlikör, den Ton an. Zuerst scheint der Wein, gleichsam einem jungen Norditaliener, ziemlich unnahbar. Auch meine Frau, die blind verkostete, war sich sicher: „Das ist ein Italiener!“ Neben Kirsche kommt nur etwas Backpflaume (später in leicht fermentierter Form) durch. Alles dreht sich um die Kirsche, nur in kleinen Tupfern – wie ein Gemälde des Pointillisten Seurat – gesellen sich andere Töne hinzu: Ein Hauch Vanille, Knollensellerie, heller Tabak, auch Paprika und Pfeffer, dann getrocknete Kräuter, noch später etwas Johannisbeeren neben Karamell (im Stile von Ahornsirup) und zum Schluss Graphit. Im Mund überzeugt der Wein durch samtige Gerbstoffe, gibt sich ungemein saftig, mit strukturgebender Säure, ja scheint fast jugendlich zu sein. Mit der Zeit wird der robuste Riese geschliffener, kreist aber immer noch um die ewig präsente Kirsche, zeigt sich in diesem Sinne sehr geradlinig. Es handelt sich um einen im wahrsten Sinne des Wortes spannenden Wein, der die ganze Aufmerksamkeit des Verkosters erfordert, sich während der Probe immer wieder verschließt, um sich gleich danach zu öffnen und weitere Nuancen preiszugeben. Luxuriös ist auch die Flaschenaufmachung: Monumental schwer mit poetischem Spruch zum Mistralwind und auf der Rückseite Informationen über Ausbau, Geschmack und Essensbegleitung.

 

 

 

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